Virtuelle Influencer – Die Zukunft des Influencer Marketings?

Ich befasse mich aktuell mit dem Trendthema „Virtual Influencer“. Anfangs hatte ich ein komisches Bauchgefühl bei diesem Thema. Influencer und YouTuber leben doch davon, echte, authentische Menschen in einer „echten“ Welt mit echten Gedanken und Gefühlen zu sein, die sie mit ihrer Community teilen. Sie nehmen Einfluss auf ihre Community, sie lassen sie an ihrem Leben teilhaben und in ihre Welt eintauchen. Doch dass Influencer im Jahr 2020 eben häufig nicht mehr (nur) Persönlichkeiten sind, die in ihren (Kinder)zimmern vor ihrer Webcam sitzen und drauf los reden, sollte jedem mittlerweile klar sein. Und mein Satz über die Echtheit und Authentizität von Influencern ist, zumindest in vielen Fällen, an Naivität wohl nicht zu übertreffen.

Viele Influencer erschaffen eine schier perfekte Welt und vermitteln Einblicke in ihr ach so aufregendes Leben, was in vielen Fällen aber gar nicht dem entspricht, was sie eigentlich führen. Inszenierung ist alles. Auch ich ertappe mich selbst auf meinem Instagram-Account @danwithsomebody immer öfter dabei, natürlich nur die tollen und spannenden Dinge mit meinen Followern zu teilen. Weil ich ja ausschließlich Spaß habe und eine großartige Sache nach der anderen erlebe.

Und genau dieser Punkt hat mich dazu gebracht, dem Thema „Virtual Influencer“ deutlich offener gegenüberzutreten und sogar zahlreiche Chancen in diesem Feld zu entdecken und Spaß daran zu entwickeln.

Doch was ist überhaupt ein „Virtual Influencer“?

Virtuelle Influencer sind animierte bzw. künstlich geschaffene Avatare oder Persönlichkeiten. Meist ahmen diese virtuellen Personen klassischen Influencern nach, stehen ihre Profile in Sachen Qualität und Inszenierung den Großen in der Branche in nichts nach. Häufig sieht man ihnen die „Künstlichkeit“ an, meist sogar ganz bewusst. Eines der wohl bekanntesten Beispiele ist die Influencerin (und Musikerin) @lilmiquela, die bereits knapp 1,7 Mio Abonnenten auf Instagram hat. Bei ihr dachte die breite Masse zunächst, ihr artifizielles Aussehen sei eine Art, sich zu schminken bzw. die Bilder zu editieren. Erst nach 2 Jahren hat man die Bombe platzen lassen und offiziell verkündet, dass sie in Wirklichkeit gar nicht existiert und computergeneriert ist. In diesem Kontext kommt mir die Band „Gorillaz“ in den Sinn – denn Miquela geht auch als Sängerin einer Band an den Start.

Es gibt etliche weitere Beispiele virtueller Influencer und sogar schon Modelagenturen, die ihre „künstlichen Models“ mit Unternehmen zusammenbringen. Im Grunde können diese virtuellen Persönlichkeiten, denen zur Charakterbildung dann noch Interessen, Meinungen, Ziele u.v.m. beigefügt werden, alles präsentieren, was wir wollen. Moon Boots auf dem Mond tragen? Die neue Bikini-Kollektion beim Tauchgang mit bösartigen Haien präsentieren? Alles kein Problem.

Alles was es braucht, ist ein Avatar mit einer Präsenz auf Instagram und eine digitalisierte Version des Produktes, das eingebunden werden soll – sowie ein Setting.

Sieht man vielen virtuellen Influencern ihre „Künstlichkeit“ an, wirken die Avatare immer echter und häufig sieht man vielleicht erst auf den 3. oder 4. Blick, dass die besagte „Person“ eventuell doch künstlich sein könnte.

Chancen und Risiken?

Ja, das Thema ist neu und innovativ. Aber so neu doch auch nicht, oder? In der Werbung werden Produkte doch schon seit Jahrzehnten mit animierten Maskottchen beworben. So frisch sind wir hier also nicht unterwegs – nur eben auf die aktuell relevantesten Kommunikationsplattformen angepasst. Viel interessanter ist aus meiner Sicht jedoch, was sich für Chancen, aber auch für Risiken, hinter dieser „neuen Welt“ ergeben könnten.

Aus Werbersicht können Product Placements in einem spannendem Umfeld und auf eine innovative Art und Weise stattfinden. Die virtuellen Influencer können relativ einfach erleben, treffen, entdecken und bewerben, was und wen wir wollen. Sei es im Kontext mit Produkten, Mode, oder aber auch mit Arbeitgebern, Reisen und Orten, Fahrzeugen und vielem mehr. Sie tragen die neueste H&M Kollektion, leben in einer Wohnung, natürlich ausgestattet von IKEA – und machen Urlaub in den schönsten Hotels der Welt.

Die Buyouts und Modelgagen gehen, wenn die virtuellen Persönlichkeiten nicht der Marke, sondern zu einer Agentur gehören, nicht mehr an die Models, sondern eben an die Entwickler oder Rechteinhaber.

Unternehmen können viel schneller, freier und (perspektivisch) auch kostengünstiger Motive produzieren für Kampagnen und Online-Shops, und durch diesen digitalen Prozess muss das Produkt nicht einmal physisch vorhanden sein. Die Digitalisierung macht es möglich.

Doch virtuelle Influencer können mehr sein, als nur eine weitere Werbefläche. Auch könnte ich mir sie im Kontext „Meinungsbildner“ vorstellen. Sie können einen Standpunkt bzw. Werte vertreten, hinter der sie viel leichter und mit Nachdruck stehen können, als reale Personen – denn Angst vor einem Shitstorm oder gar vor körperlichen Attacken braucht die virtuelle Persönlichkeit nicht zu haben. Eine virtuelle Greta könnte also noch viel extremer kommunizieren.

Die Chancen und Risiken verschwimmen. Die Bedeutung von Begriffen wie „Authentizität“ und „Echtheit“ ist inflationär. Ob man nun das Bild einer Person, die sowieso alles inszeniert, oder die Inhalte einer virtuellen Persönlichkeit liked, macht doch keinen großen Unterschied. Spitz ausgedrückt würde es mich nicht wundern, wenn eine künstlich geschaffene Person mehr Persönlichkeit und Profil entwickelt, als eine echte.

Wie das ganze Thema in Deutschland angenommen wird, kann man nur vermuten. Und hier liegt es wohl eher nahe, dass wir, typisch deutsch, skeptisch und zurückhaltend auf diesen Trend reagieren (werden) – ganz im Gegensatz zu Nutzern aus Asien und den USA.

Ich persönlich freue mich auf die vielen Möglichkeiten, die sich im Einsatz dieser neuen „Influencer-Gattung“ bekommen wird und werde bald noch mehr über dieses Thema zu berichten haben – aus erster Hand.

Mehr dazu:

Daniel Goihl | Geschäftsführer TACSY GmbH |  www.tacsy.tv 

www.instagram.com/danwithsomebody

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